Bundesparteitag und Ziele der Piratenpartei

Parteitage, Richtungsentscheidungen, Personalien, Strategien

Moderator: Barbarossa

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Barbarossa
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An diesem Wochenende fand ein Bundesparteitag der Piratenpartei statt:
Sonntag, 25. November 2012
Piraten finden ihre Grundsätze
Weiße Flecken werden bunt
Von Christoph Herwartz, Bochum

Dass die Piraten sich für die großen Fragen der Politik nicht interessieren, kann man ihnen seit dem Wochenende nicht mehr vorwerfen. Von der Außen- bis zur Wirtschaftspolitik erweiterten sie ihr Programm. Wirklich zufrieden ist die Partei mit ihrem Werk aber dennoch nicht...
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Besonders hervorheben möchte ich die beschlossenen Ziele der Piratenpartei:
Eine Übersicht der wichtigsten Beschlüsse:

* Wirtschaft: Zum Begriff der "Sozialen Marktwirtschaft" wollte sich der Parteitag nicht bekennen. Stattdessen spricht das Grundsatzprogramm nun davon, dass ihre Wirtschaftspolitik von "Freiheit, Transparenz und gerechter Teilhabe" bestimmt ist. Außerdem bekennt sich die Partei zu Ökologie und Verbraucherschutz. Das Ziel der Vollbeschäftigung wird abgelehnt. Agrarsubventionen sollen abgebaut werden, gleichzeitig kritisiert das Programm aber den Preisdruck auf landwirtschaftliche Betriebe. Industrienormen sollen veröffentlicht werden.

* Forschung: Die Ergebnisse öffentlich geförderter Forschungen sollen für alle Bürger kostenlos einsehbar sein.

* Sozialpolitik: Die Piraten wollen ein Rentensystem, in das auch Selbstständige und Beamte einzahlen müssen und zwar ohne Beitragsbemessungsgrenze. Die Rentenbezüge bewegen sich zwischen einer Minimal- und einer Maximalrente. Das langfristige Ziel bleibt das bedingungslose Grundeinkommen.

* Außenpolitik: Ziel der Diplomatie ist die Durchsetzung von Menschenrechten auch im Ausland. Dabei wollen die Piraten explizit nicht nur auf Regierungen sondern auch auf nicht-staatliche Akteure diplomatisch einwirken. Konflikte sollen mit friedlichen Mitteln gelöst werden.

* Europa: Der Leitsatz lautet: "Europapolitik ist keine Außenpolitik." Die europäischen Staaten sehen die Piraten als "Mitglieder einer Familie". Die Piraten wollen die Bestrebungen nach einer EU-Verfassung wieder aufnehmen und die europäische Ebene direkter demokratisch legitimieren.

* Gesundheit: Das vorgeschlagene Modell ähnelt dem der Bürgerversicherung: Insbesondere muss jeder Bürger zur Finanzierung beitragen. Ein Schwerpunkt liegt auf Prävention. Bei der Frage, wie das Gesundheitssystem effizienter werden kann, gibt es wenige konkrete Ansätze.

* Jugendschutz: Altersbeschränkungen für Medien wie Kinofilme und Computerspiele werden aufgehoben beziehungsweise die Verantwortung wird auf die Eltern übertragen. Zugriffseinschränkungen im Internet lehnen die Piraten ab, weil sie Zensur fürchten.

* Lobbyismus: Auf die Debatte zu Nebeneinkünften von Bundestagsabgeordneten reagieren die Piraten mit Forderungen nach vollständiger Offenlegung aller Einkünfte, "Regelungen zum wirksamen Vorgehen gegen Abgeordnetenbestechung" und Karenzzeiten nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag. Politische Veranstaltungen sollen nicht mehr gesponsert werden dürfen.

In vielen der Beschlüsse finden sich Formulierungen wie die, dass "der Mensch im Mittelpunkt" steht. Nur an wenigen Stellen wird diese Formulierung mit Leben gefüllt. Sie drückt aber aus, dass die Piraten in vielen Lebensbereichen eine ungleiche Machtverteilung zwischen Staat oder Unternehmen auf der einen und Bürgern auf der anderen Seite sehen.

Oft zeigt das Programm ein Problem auf, ohne eine Lösung dafür anzubieten. Dann heißt es etwa: "Es sind geeignete Infrastrukturen und Anreize zu schaffen, um das Gesundheitssystem am Behandlungsergebnis und am Patientennutzen auszurichten." Welche Anreize das aber sein könnten, lässt der Beschluss offen...
Hm. Solche Formulierungen, wie die letztgenannte, können auch en Vorteil sein. Auf diese Weise wird eine Richtung vorgegeben, überlässt es aber den Akteuren in der Realpolitik, konkrete Vorschläge/Kompromisse auszuarbeiten/auszuhandeln, so es zu einer Koalition kommt.
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dieter
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Lieber Barbarossa,
festzuhalten ist, dass viele Punkte der Piraten sehr wage formuliert wurden und auch schon in Programmen von anderen Parteien enthalten sind. Die Piraten werden bei der Bundestagswahldie 5%-Klausel nicht überspringen. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Barbarossa
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Samstag, 11. Mai 2013
Quantität ja, Qualität vielleicht
Piraten blasen ihr Programm auf
Von Christoph Herwartz

Auf den Vorwurf, dass die Piratenpartei kein Programm habe, gibt sie in Neumarkt eine deutliche Antwort: Sie beschließt einen riesigen Block an Positionen, ohne darüber zu diskutieren. Darunter ist viel Bekanntes, aber auch Überraschendes. Lücken gibt es trotzdem noch...
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dieter
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Lieber Barbarossa,
sie werden trotzdem nicht über die 5%-Klausel kommen. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Triton
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Glaube ich auch nicht. Vor allem, wenn die Wahl spannend wird und viele Unentschlossene denken, ihre Stimme wäre dann verloren.
Auch bei diesem Parteitag wurde für meinen Geschmack zu lange über Meinungsfindungsprozesse und zu kurz über das Programm beraten. Die Medien berichten natürlich wieder ausgiebig über die Legalisierung von Haschisch, die meisten indifferenziert als Drogenfreigabe, nicht als Gleichstellung mit Alkohol und Tabak.
Da sich die FDP berappelt und doch wieder das ein oder andere liberale Thema aufgeschnappt hat - es ist Wahlkampfzeit - dürften die Piraten wohl irgendwo bei 2-3 Prozent landen.

Beste Grüße
Joerg
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Barbarossa
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Was ich bei den Piraten jetzt so gar nicht verstehen will:
Sonntag, 12. Mai 2013
Online-Parteitag kommt nicht
Piraten bleiben offline
Von Christoph Herwartz, Neumarkt

Eigentlich will eine Mehrheit der Piraten in Zukunft über das Internet ihr Programm weiterentwickeln. Doch der Streit um diese neue Möglichkeit stürzt den Parteitag ins Chaos. Am Ende entscheiden 23 Stimmen über die Partei-Revolution...
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:?
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Vergobret
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Vieles klang gut auf dem parteitag.

Das größte Plus spielen die Piraten leider nicht aus: Sie sind oftmals jung. Keine Partei sonst ist jung. Nicht eine, vor allem nicht die AfD. Auch nicht Grüne, SPD, CDU, Brüderle-FDP ebenso nicht. Auch wenn bei letzterer Lindner da einigermaßen den Schnitt senkt. Alle setzen auf richtig alte Eisen. Schonmal das Durchschnittsalter der Parteioberen durchgerechnet?
Damit wird man bei der Jugend keine Stimmen holen. Die wählt nicht parteigebunden, sie wählt derzeit noch Gewohnheit. Aber die allerwenigsten sind einer Partei eng verbunden. In diese Lücke stoßen, ein emotionaler Auftritt, Ziele der Jugend formulieren und offensiv vertreten ohne unseelige Ego-Shows und die 5 % wären kein Problem. Die Jugend ist zwar eine Minderheit (Übrigens was bedeutet es für eine Gesellschaft, wenn Politik gegen die Zukunft gemacht wird, weil ihre Stimmgewalt die einer Minderheit - und somit nicht wahlentscheident - ist?), aber für 5 % reicht es dann doch noch. Noch.
„In all den Jahren habe ich so viele junge Männer gesehen,
die der Meinung waren, auf andere junge Männer zuzulaufen.
Aber das stimmt nicht.
Sie liefen alle zu mir.“
so sprach der Tod

Aus „Die Bücherdiebin“
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dieter
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Barbarossa hat geschrieben:Was ich bei den Piraten jetzt so gar nicht verstehen will:
Sonntag, 12. Mai 2013
Online-Parteitag kommt nicht
Piraten bleiben offline
Von Christoph Herwartz, Neumarkt

Eigentlich will eine Mehrheit der Piraten in Zukunft über das Internet ihr Programm weiterentwickeln. Doch der Streit um diese neue Möglichkeit stürzt den Parteitag ins Chaos. Am Ende entscheiden 23 Stimmen über die Partei-Revolution...
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:?
Lieber Barbarossa,
das ist eben Demokratie. :wink: :mrgreen:
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Barbarossa
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Ja, aber gerade das Internet wäre ihr großer Trumpf. Da kann man auch über größere Distanzen schnell mal ein Thema abarbeiten. Aber wie ich gelesen habe, sind die Probleme dabei vor allem technische Unsicherheiten.

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Balduin
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Ich verstehe das auch nicht, man möchte die Politiklandschaft revolutionieren und erstickt jedes wirklich interessante Neue im Keim...

Was bitte ist derzeit an den Piraten neu? Dass sie ihre Machtspiele öffentlich und nicht in den Hinterzimmern auskämpfen?

Die Jugendlichen lieber Vergobret lassen sich von Parteien erreichen, die auch das Internet in den Fokus einer Wahl stellen: Ich wäre Feuer und Flamme, wenn sich eine Partei endlich an das Urheberrecht im Internet wagen würde (insbesondere gegen diese Abmahnwellen). Aber selbst das kann die Piratenpartei nicht kommunizieren.

Sie hat bisher mit dem Ausspruch "Wir sind anders" gelebt.
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He has called on the best that was in us. There was no such thing as half-trying. Whether it was running a race or catching a football, competing in school—we were to try. And we were to try harder than anyone else. We might not be the best, and none of us were, but we were to make the effort to be the best. "After you have done the best you can", he used to say, "the hell with it". Robert F. Kennedy - Tribute to his father
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Triton
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Barbarossa hat geschrieben:Ja, aber gerade das Internet wäre ihr großer Trumpf. Da kann man auch über größere Distanzen schnell mal ein Thema abarbeiten. Aber wie ich gelesen habe, sind die Probleme dabei vor allem technische Unsicherheiten.
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Abstimmungen sollten frei, gleich und geheim erfolgen. Da es immer Asoziale Kriminelle geben wird, die illegal Netzwerke und PCs hacken, ist der letzte Punkt nicht zu gewährleisten. Und deshalb ist der Online-Parteitag zurecht gescheitert.

Das Hauptthema der Piraten ist das freie, unzensierte Internet. Staaten möchten gerne die Meinungshoheit über die Bürger zurückgewinnen und Zugang zu unbequemen Informationen einschränken. Der Umfang zum Beispiel des zu Guttenbergschen Betrugs wurde ja nur durch die Veröffentlichung und die Mitarbeit vieler Helfer möglich.

Beste Grüße
Joerg
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Balduin
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Abstimmungen sollten frei, gleich und geheim erfolgen. Da es immer Asoziale Kriminelle geben wird, die illegal Netzwerke und PCs hacken, ist der letzte Punkt nicht zu gewährleisten. Und deshalb ist der Online-Parteitag zurecht gescheitert.
Ne, Wahlen sind etwas anderes als Abstimmungen. Abstimmungen beziehen sich auf Sachfragen, Wahlen auf Personen. Abstimmungen sind mitnichten geheim - in jedem Gemeinderat wird im Grundsatz öffentlich abgestimmt.

Hinsichtlich ihrer Satzung sind die Piraten dabei ganz offen - freie und gleiche Wahlen werden dadurch nicht verhindert. Und eins muss ich schon anmerken: Das Totschlagargument mit Kriminalität und Missbrauch verhindert de facto jede "Revolutionierung der politischen Beteiligung". Die Partei hätte dann halt dafür sorgen müssen, dass erhebliche Hürden der Kriminalität entgegenstehen: TAN-Listen, eigene Geräte zur Authentifizierung...

Die habens verdient, nicht in den Bundestag zu kommen.
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Barbarossa
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Stimmt. Im Grunde gibt es für jedes Problem eine Lösung. Man muß nur wirklich wollen.
Ich glaube auch, die Piraten vermasseln es gerade so richtig.
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Balduin
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Barbarossa hat geschrieben:Stimmt. Im Grunde gibt es für jedes Problem eine Lösung. Man muß nur wirklich wollen.
Ich glaube auch, die Piraten vermasseln es gerade so richtig.
Vor allem kokettieren die Piraten doch immer damit, dass sie nicht für jeden Bereich eine Lösung haben. Diese Unbedarftheit, die manchen Menschen gefallen zu scheint, zeigt man doch auch dadurch, dass man etwas wagt und erst die Zukunft zeigt, ob sich die Idee bewährt.

Einen Online-Parteitag würde ich für sehr interessant halten.
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Barbarossa
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Ja, ich auch.

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