CDU-Parteitag: Sollte die deutsche Sprache ins Grundgesetz?

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Moderator: Barbarossa

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Barbarossa
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Deutsch ins Grundgesetz
Merkel bedauert CDU-Entscheidung

Die deutsche Sprache soll nach dem Willen der CDU Verfassungsrang bekommen. Kritik kam prompt – auch von Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel.

Dem Artikel 22 soll hinzugefügt werden: „Die Sprache in der Bundesrepublik ist Deutsch.“ Die Befürworter sehen darin keine Ausgrenzungsgefahr für Bevölkerungsgruppen mit anderer Muttersprache.
weiter lesen: http://www.focus.de/politik/deutschland ... 52970.html

Ist so etwas nötig?
Was meint ihr?
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Maksim
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Barbarossa hat geschrieben:Ist so etwas nötig?
Unbedingt. Abgesehen von der Tatsache, dass Deutsch eine wunderschöne Sprache ist - man nennt sie nicht umsonst "die Sprache der Dichter und Denker" - ist sie auch ein wichtiger Bestandteil der deutschen Kultur.

Ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen, dem französischen Beispiel folgen, und die deutsche Sprache unter Schutz vor Anglizismen stellen. Wer braucht "Handy" und "Fastfood" wenn man bereits "Mobiltelefon" und "Schnellimbiß" hat ?

Als jemand der mehrsprachig aufgewachsen ist, kann ich mir diese Meinung - so denke ich - erlauben. ;)
elysian
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Wobei "Handy" ein original deutsches Wort ist! ;)

Davon jedoch abgesehen stellt sich die grundsätzliche Frage, was in unsere Verfassung sollte.
Zwar bin auch ich der Meinung, dass die Sprache der Bundesrepublik Deutsch sei, aber ein solcher Satz in der Verfassung ist ein reiner Programmsatz ohne rechtlichen Gehalt.

Das kann man natürlich machen. Die Weimarer Verfassung etwa kannte zahlreiche solcher Programmsätze. Sie enthielt dementsprechend viele Artikel.
Auch der Vorschlag für die Verfassung Europas liest sich in Teilen wie ein Sammelsurium aller möglichen im europäischen Parlament von irgendeiner Fraktion für wichtig erachteten Programmsätze.
Hinsichtlich der Weimarer Verfassung haben wir aber auch die Erfahrung machen müssen, dass der Rechtsschutz aufgeweicht wurde, weil die Gerichte bei Bedarf aus Verfassungsrechten Programmsätze der Verfassung machten. Programmsätze sind deswegen meines Erachtens der Rechtssicherheit nicht förderlich.

Dagegen steht die Klarheit der Abstraktion und die Beschränkung auf die wesentlichen Elemente unseres Staatswesens des aktuellen Grundgesetzes.
Ich muss gestehen, ich bewundere unsere Verfassung gerade dafür, ist diese Verfassung nicht zuletzt aufgrund ihres Abstraktionsniveaus außerordentlich flexibel und bedurfte in den letzten, bald 60 Jahren kaum der Veränderung.
Der Vorteil ihres aktuellen Charakters liegt auf der Hand: die Rechtsprechung kann im Wege der Auslegung der abstrakten Normen gesellschaftliche Veränderungen "einurteilen", ohne dass die Verfassung hierfür geändert werden müsste.
Sie ist zwar zugegeben nicht völlig frei von Programmsätzen, aber ich sehe auch keinen Grund, diese zu mehren und somit den Charakter unseres Grundgesetzes zu verändern.

Ich befürchte zudem einen Dammbruch. Wenn wir erst einmal einige weitere Programmsätze in die Verfassung aufnehmen, so wird sich der Charakter verändern und man hat zunehmend Probleme, die Ablehnung der Aufnahme noch weiterer Programmsätze zu begründen.
Dies dürfte nachher in letzter Konsequenz dazu führen, dass wir nach den Kinderrechten die Altenrechte im GG haben, dann zusätzliche Artikel für Behinderte, weitere für den Wert ehrenamtlicher Tätigkeit usw. usf.

Letztlich wird bei allem, was möglicherweise der gesetzlichen Regelung bedarf, nach einer Verankerung in der Verfassung geschrien, die vielleicht für wünschenswert, aber nicht als notwendig erachtet werden kann.
Rechtstheoretisch fragt sich dann, wozu man dann Satzungen, Verordnungen und Gesetze überhaupt noch braucht, wenn man ja doch alles in die Verfassung pumpen kann....

Wohin es führt, wenn man alles bis in Detail auf höchster Rechtsstufe geregelt wissen will, hat dabei eigentlich schon das ALR bewiesen.
sic transit gloria mundi
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Balduin
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Dass Deutsch die Sprache der BRD ist, ist doch nicht umstritten ? Dementsprechend sehe ich den Sinn hinter diesem Beschluss nicht und finde eine Änderung des GG überflüssig...

Jedoch stimme ich den Linken nicht zu, dass dieser Artikel gegen Ausländer geht oder ähnliches - das ist eine vollkommene überzogene Reaktion und purer Populismus
Schmiddey
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Ich frag mich ob die Linke überhaupt Politik versteht, mir wirkt es eher so als würden sie alles, was im Bundestag beschlossen werden soll, kritisieren und dadurch versuchen ihre Popolarität zu vergrößern. Lächerlich.
Ich bin ein Liberaler.
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Balduin
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Schmiddey hat geschrieben:Ich frag mich ob die Linke überhaupt Politik versteht, mir wirkt es eher so als würden sie alles, was im Bundestag beschlossen werden soll, kritisieren und dadurch versuchen ihre Popolarität zu vergrößern. Lächerlich.
Oh die Linke wollte sich als gewissenhafte Partei etablieren und konnte faktisch als Oppositionsführer viele Diskussionen bestimmen, Mindestlohn etc. Doch durch Themen wie der Finanzkrise sind sie ein wenig ins Abseits geraten und Sodann als Präsident ging nach hinten los. Dass vieles in der Linken purer Populismus ist, ist gewollt - nicht anders sind sie auf die große Bühne gekommen. Mit Demagogen wie Lafontaine und Gysi und mit vielen frustierten ex-SPDlern...
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Barbarossa
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Interview
"Die Sprache macht das Spezifische unserer Kultur aus"
Samstag, 27. Dezember 2008 01:54

Soll Deutsch als Sprache im Grundgesetz verankert werden? Über diesen Vorschlag und den Zustand der großen Koalition sprach Ansgar Graw mit Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU).
weiter lesen: http://www.morgenpost.de/printarchiv/se ... r_aus.html
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Barbarossa
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Gestern Abend war in "log in" auf ZDF info eine interessante Diskussion über ein Thema, das allerdings nicht mehr so ganz neu ist. Es ging um die Frage: "Muss die deutsche Sprache geschützt werden?"

Natürlich ging es um die zahlreichen Anglizismen und auch um die Frage, ob die deutsche Sprache ins Grundgesetz aufgenommen werden sollte.

Es gab auch eine Abstimmung dazu, die 45 % : 55 % gegen eine Aufnahme ausging, siehe: http://blog.zdf.de/zdflogin/2013/01/16/ ... dich-mehr/

Zu diesem Thema schrieb ich irgendwo bereits:

Ich halte Wortentlehnungen aus anderen Sprachen nicht unbedingt für problematisch, denn es hat sie schon immer gegeben.
So kam ja z. B. auch der Begriff für Kaiser (caesar) aus dem Lateinischen.
Auch Begriffe für Bauten aus Stein wurden aus dem Lateinischen entlehnt, wie z. B.:

- lat. têgula > ahd. ziagal > nhd. Ziegel
- lat. calx, calcem > ahd. kalk > nhd. Kalk
- lat. mûrus > ahd. mûra > nhd. Mauer
- lat. fenestera > ahd. fenster > nhd. Fenster

Von den Römern lernten die Germanen auch den Obst- und Gemüseanbau. Nicht wenige Namen kommen deswegen auch hier aus dem Lateinischen:

- lat. prûnum > ahd. pfrûma > nhd. Pflaume
- (vulgär-) lat. persica > mhd. pfersich > nhd. Pfirsich
- lat. caulis > ahd. kôl > nhd. Kohl
- lat. râdîx, râdîcis > ahd. râtîh > nhd. Rettig
- lat. cucurbita > ahd. kurbiz > nhd. Kürbis

Weitere Entlehnungen gibt es beim Handel, in der Kochkunst oder auch beim Verwaltungs- und Rechtswesen.

Keine Entlehnung ist z. B. ein alter Begriff für Kupfer.
Im Lateinischen hieß es aes,
im althochdeutschen êr - erhalten im späteren Begriff "ehern"

Hier ist anzunehmen, daß der Begriff für Kupfer noch vor der Aufspaltung der indoeuropäischen Spache in Germanisch, Lateinisch, Keltisch, Slawisch usw. entstand und damit noch eine ältere Wortschöpfung ist.
Beim Eisen gibt es diesen gemeinsamen Begriff nicht mehr.

In späterer Zeit wurden auch Begriffe aus dem Französischen entlehnt.

Ich halte es grundsätzlich auch nicht für ein Problem, Begriffe aus einer anderen Sprache zu entlehnen und macht vereinzelt sogar Sinn, wenn es z. B. für eine Sache in der eigenen Sprache keinen Begriff gibt. Eine "Reinhaltung" einer Sprache macht dagegen aufgrund der oben aufgeführten Beispiele eher keinen Sinn.

Zu einem Problem wird es jedoch, wenn es so viele Entlehnungen aus anderen Sprachen gibt, daß die Sprache für ganze Teile der Bevölkerung unverständlich wird. Das ist das, was meines Erachtens z. Z. mit den vielen Anglizismen geschieht: Es werden derart viele Wörter, z. T. sogar ganze Satzteile/Sätze aus dem Englischen übernommen, daß ich es auch nicht mehr verstehe (wie z. B. bei der Werbung im Fernsehen). Und ich gebe zu, daß ich es dann aus Trotz auch gar nicht mehr verstehen will.
:evil:

Bei dieser ganzen Entlehnungsgeschichte ist zu beobachten, daß stets aus der Sprache entlehnt wird, mit der es die meisten kulturellen oder wirtschaftlichen Kontakte gibt.
Das heißt also: Sollte im Laufe der nächsten Jahrzehnte China zu führenden Wirtschaftmacht werden, könnten auch zahlreiche Begriffe aus dem Chinesischen entlehnt werden.

[persönliche Anmerkung: Davor möge uns "Der Große Duden" bewahren...]
:twisted:

Was meint ihr dazu?

Hat es die deutsche Sprache nötig, derart geschützt zu werden, dass sie ins Grundgesetz sollte?
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Renegat
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Barbarossa hat geschrieben: Hat es die deutsche Sprache nötig, derart geschützt zu werden, dass sie ins Grundgesetz sollte?
Für mich kann ich die Frage eindeutig verneinen. Sprache lebt durch die Menschen, die sie sprechen und verändert sich sogar schneller als der Generationswechsel. Sie dient der Verständigung und muß nicht unter "Naturschutz" gestellt werden.

Die meisten gesellschaftlichen Gruppen haben ihren eigenen Slang, ich glaube, das nennt man Soziolekt, http://de.wikipedia.org/wiki/Soziolekt

Ich behaupte, dass jeder Mensch mehrere davon beherrscht und spontan zwischen verschiedenen Sprachstilen wechselt, je nachdem, mit wem er spricht. Wenn ich mit Leuten spreche, von denen ich weiß, dass sie kein englisch können, lasse ich fast automatisch einige Anglizismen weg. Im Supermarkt verwende ich keine Fremdwörter lateinischer Herkunft. Im Gespräch mit Arbeitskollegen werden BWL-Angizismen gern mit ironischem Unterton verwendet. Diese Sprachvielfalt möchte ich mir nicht nehmen lassen und mir persönlich ist es egal, wohin sich Sprache entwickelt, Hauptsache möglichst viele Menschen können sich weltweit auf Augenhöhe verständigen, ohne Dolmetscher und ohne Verordnung zur Reinerhaltung von Sprachen.
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Triton
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In Frankreich herrscht ein Zwang zur "Romanisierung" aller nur denkbarer Anglizismen, der völlig an der Realität vorbeigeht und im Ausland gerne verballhornt wird. Das ist sicher genauso falsch wie der allzu laxe Umgang damit, der sich in Deutschland breitgemacht hat. Wenn ein Engländer einen deutschen IC oder ICE benutzt und erfährt, dass dies ein "InterCity" ist, dann fragt der schon mal, ob vorher die Züge zwischen Dörfern pendelten...
Renegat hat alles gesagt, Sprache lebt und verändert sich, wahrscheinlich bekommen wir durch die weltweite Vernetzung in gar nicht allzu ferner Zukunft Englisch als Globalsprache. Das ist ok so. Deutsch bleibt erhalten, solange es den Menschen erhaltenswert erscheint.

Beste Grüße
Joerg
"Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, in dem man sie ignoriert." (Aldous Huxley)
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dieter
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Lieber Joerg,
so isses. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Barbarossa
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Was mir bei der besagten Diskussionssendung allerdings etwas übel aufgestoßen ist:

Jemand nannte ein aus meiner Sicht offensichtlich englisches Wort (ich weiß nicht mehr welches, kannte es auch nicht und konnte es folglich auch nicht übersetzen) und meinte, es sei ein deutsches Wort - es sei "Neudeutsch".

Womit ich dabei nicht klar komme ist, daß zwar inzwischen sehr viele Anglizismen gebräuchlich sind, aber ich finde, solange sie nicht "eingedeutscht" sind, sind es keine deutschen Wörter.
Beispiel:

Das Wort "online" ist für mich nach wie vor ein englisches Wort, denn es wird nach dem englischen Alphabet ausgesprochen - nicht nach dem deutschen. Eingedeutscht müsste man es ja entweder:
a) "onlein" schreiben
oder
b) so aussprechen, wie man es schreibt (wobei diese Variante einen eher humoristischen Anstrich hätte :D )
oder
c) man nennt es nicht "deutsch".

Denn unser Alphabet lautet nun mal A, B(e), C(e) usw. und nicht A(ey), B(i), C(i) oder so. Es kann nicht zwei Alphabete geben. Darum widerstrebt es mir, die Anglizismen bzw. das sogenannte "Neudeutsch" überhaupt als eine Spielart des Deutschen zu akzeptieren.

Oder wie seht ihr das?
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dieter
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Lieber Barbarossa,
deutsche Sprack sein schwere Sprack. :wink: Wenn Du den Sinn eines englischen Wortes nicht verstehst, dann schau doch einfach im Wörterbuch nach. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Barbarossa
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dieter hat geschrieben: Wenn Du den Sinn eines englischen Wortes nicht verstehst, dann schau doch einfach im Wörterbuch nach. :wink:
Ich will aber nicht ständig in einem Wörterbuch blättern müssen.
:x
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dieter
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(Vorsicht, Ironie)
Barbarossa hat geschrieben:
dieter hat geschrieben: Wenn Du den Sinn eines englischen Wortes nicht verstehst, dann schau doch einfach im Wörterbuch nach. :wink:
Ich will aber nicht ständig in einem Wörterbuch blättern müssen.
:x
Lieber Barbarossa,
ein bißchen Anstrengen sollte man sich aber schon. :wink: :mrgreen: (Vorsicht, Ironie)
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