Wie entsteht eine Finanzblase?

Unternehmen, Verbraucherschutz, Konjunktur

Moderator: Barbarossa

ehemaliger Autor K.

Eine Finanzblase oder auch Spekulationsblase genannt, ist eine typische Begleiterscheinung des Marktgeschehens und gibt es schon seit Jahrhunderten. Voraussetzung dafür ist, neben einem freizügigen Markt, die Existenz von Waren (z.B. Produkte, Dienstleistungen, Immobilien, Wertpapiere) und das Vorhandensein einer ausreichenden Geldmenge (hinreichende Liquidität). Eine Finanzblase bildet sich immer dann, wenn der Preis eines oder mehrerer Produkte weit über dem eigentlichen Wert der Ware(n) liegt und ein Spekulationspreis entsteht. Die Differenz zwischen dem Spekulationspreis und dem eigentlichen Wert des Produktes bildet den Spekulationsgewinn. Um diesen Spekulationsgewinn zu realisieren und ihn ständig zu wiederholen, werden erhebliche Kapitalmengen in Bewegung gebracht. Daraus entwickelt sich die sogenannte Finanzblase.

Wir wollen uns dies einmal an einem historischen Beispiel verdeutlichen und zwar an dem sogenannten Floridaboom 1926/1927. Um dem rauen Klima im Norden der USA im Winter zu entgehen und weil die wirtschaftliche Entwicklung in den goldenen 20er Jahren vielen zu Wohlstand verhalf, entstand ein Interesse an Bauland in Florida. Dadurch kam es zu einer regen Nachfrage nach Immobilien in diesem Sonnenstaat. Interesse an Grundstücken gibt es natürlich immer und es stellt sich die Frage, wie hoch ihr „wirklicher“ Wert eigentlich ist. Dies ist schwierig zu beantworten, aber die klassische Theorie geht davon aus, dass sich durch Angebot und Nachfrage ein Gleichgewichtspreis herausbildet, bei dem alle Verkäufer und Käufer zufrieden sind. Steigt die Nachfrage nun stark an, ohne dass das Angebot daraufhin wächst, kommt es zu Preiserhöhungen. Dies ist bei Immobilien typisch, denn Boden lässt sich nicht beliebig vermehren, stellt also ein natürliches Monopol dar. Das Angebot ist starr, nicht elastisch, es kommt nur zu Preissteigerungen, nicht aber zur Erhöhung der Angebotsmenge. Deshalb sind Immobilien auch vorzügliche Spekulationsobjekte.

Ökonomisch gesehen führt die verstärkte Nachfrage zunächst allerdings lediglich dazu, dass der Gleichgewichtspreis sich auf einem höheren Niveau neu bildet. Damit nun ein Spekulationspreis und eine Blase entsteht, muss folgendes passieren: Es treten Käufer auf, die gar nicht an dem Boden selbst interessiert sind, sondern nur an seinem Wiederverkauf. Also günstig einkaufen, teurer weiterverkaufen. Dadurch entsteht ein Spekulationspreis, der über dem Gleichgewichtspreis liegt. Durch diese Spekulation wird nun der Preis immer höher getrieben und es bildet sich erstmalig ein Spekulationsgewinn. Damit daraus eine Blase wird, müssen

a.) Die Spekulanten ihren Kapitaleinsatz erheblich erhöhen und
b.) Möglichst viele neue Konkurrenten sich ebenfalls an der Spekulation beteiligen.

Das Kapital der Spekulanten gehörte ihnen damals zum größten Teil nicht selbst. Es war geliehen, der eigene Kapitalanteil blieb gering. Aber je größer die Kapitalmenge ist, desto mehr kann man verdienen. Dann macht es nichts, wenn man Zinsen für das geliehene Geld zahlen muss. (Es gibt einen sogenannten Hebel-Effekt, Leverage-Effekt. Der Gewinn ist trotz der Zinskosten höher, als wenn man nur Eigenkapital benutzt. Das soll hier aber nicht näher erklärt werden). Die Verschuldung macht deutlich, dass den Banken eine Schlüsselrolle zukommt bei der Entstehung einer Blase. Die Spekulanten, soweit es selbst Banken waren, mobilisierten große Mengen an Kapital und besorgten es sich zu günstigen Zinsen bei der Zentralbank. Auf diese Weise strömte unaufhörlich neues Geld in die Blase und vergrößerte sie fortwährend.

Da man offensichtlich mühelos Geld mit Spekulation verdienen konnte, versuchten es nun auch viele Anleger mit kleinem Einkommen und geringer Bonität. Makler sammelten das Geld dieser Leute ein und versprachen ihnen hohe Renditen. Das funktionierte aber nur, indem die Finanziers zusätzlich noch Kredite bei den Banken aufnahmen. Als Sicherheit boten sie denen die Einlagen ihrer Kunden. Ein riskantes Geschäft, denn wenn der Deal nicht klappte, verloren die Einleger alles. Viele der Kleinanleger besaßen aber das Geld gar nicht, welches sie den Maklern gaben. Sie hatten es sich selber geliehen. Kam es zum Crash, waren sie aufgrund ihrer schlechten Bonität nicht in der Lage, Geld zurückzuzahlen. Zurück blieben zahlreiche Schuldner und viele faule Kredite. Ökonomisch gesehen ist hier folgendes geschehen: Die Makler nahmen Kredite auf und boten als Sicherheit die Schulden ihrer Anleger. Schulden garantiert durch andere Schulden. Die Blase schwimmt auf einem gewaltigen Schuldenberg.

Zusätzlich verlangten die Banken weitere Sicherheiten. Die Makler konnte diese anbieten in Form von bereits gekauften Grundstücken. Dies war aber gleichfalls riskant, denn durch die Spekulation waren die Immobilien stark überteuert. Ein Grundstück, welches normalerweise nur 10.000 Dollar wert war, hatte sich durch die Spekulation auf 40.000 Dollar verteuert. Als Sicherheit bot der Spekulant nun diese Immobilie zum Spekulationspreis an. Für 40.000 Dollar erhält man einen viel höheren Kredit als für nur 10.000 Dollar. Kredite wurde gegeben für Werte, die gar nicht existierten. Die Spekulation und damit die Blase wuchsen dadurch unaufhörlich weiter an. Zum Schluss hatte sich der Spekulationspreis weit von dem eigentlichen Wert des Grundstücks entfernt.

1927 kam es in Florida zu verheerenden Hurrikans. Plötzlich wollte niemand mehr dort bauen. Der Boom brach zusammen, die Preise fielen vom Spekulationspreis auf den Gleichgewichtspreis zurück. Ein Grundstück, welches vorher 40.000 Dollar gekostet hatte, war nun wieder für 10.000 Dollar zu bekommen. Pech für den, der es zuletzt mit Krediten überteuert gekauft hatte.

Damit verschwand auch der Spekulationsgewinn und die Blase platzte. Alle diejenigen, die ein völlig überteuertes Grundstück besaßen, wurden geschädigt. Spekulanten und einfache Leute, die sich Geld geliehen hatten, um mitzuspielen, konnten ihre Schulden nicht bezahlen, die Banken blieben auf vielen faulen Krediten hängen.

Die Katastrophe blieb 1927 lokal begrenzt. 1929 wiederholte sie sich im viel schlimmeren Ausmaß mit Wertpapieren. 2007 gab es noch einmal in den USA eine Immobilienblase nach ähnlichem Muster wie oben geschildert, wenn auch der Ablauf etwas anders war. Die Banken mussten vom Staat gestützt werden.
ehemaliger Autor K.

Eine sehr gute Darstellung über die Immobilien-und Finanzkrise 2007 findet sich bei Wikipedia
http://de.wikipedia.org/wiki/Finanzkrise_ab_2007


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Peppone
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Die erste Finanzblase der Welt brach 1637 zusammen, als die "Tulpenmanie" in den Niederlanden sich in Nichts auföste, stimmt das?

Beppe
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Peppone hat geschrieben:Die erste Finanzblase der Welt brach 1637 zusammen, als die "Tulpenmanie" in den Niederlanden sich in Nichts auföste, stimmt das?

Beppe
Das stimmt.
RedScorpion

Ungefähr die tausendunderste, wohl eher.

Schulden-, Währungs- und Finanzkrisen haben den Menschen eigentlich seit spätestens den ersten Stadtstaaten begleitet,

sind Ursachen von Niedergang u.a. des Röm. Imperiums, der kath. Könige Spaniens schon im Siglo de Oro,
haben Kriege begünstigt bzw. überhaupt erst ermöglicht. Man möge z.B. Hans de Witte fragen, nur ein paar Jahre vor den Haarlemer Zwiebelchen.

Frage ist nicht, ob die Krisen zuschlugen, sondern eher, ob man eigentlich auch nur annähernd verstand, was da eigentlich passierte (d.h. ob man halbwegs angepasste Modelle hatte, mithilfe derer man ggf. mässigend eingreifen konnte). Leider war die Antwort dazu bis in die Neuzeit: Meist nicht.


LG
Cherusker
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Am Aktienmarkt erkennt man gut eine entstehende Blase, wenn die Unternehmensgewinne im Verlauf nicht mehr mit dem Index übereinstimmen. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) zeigt dann an, wann Unternehmen überbewertet sind. Dann wäre langsam Vorsicht bei den Investitionen geboten.
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Triton
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Leider taugen die ganzen Analyseinstrumente der Boerse sehr wenig, um wirklich Kurse vorauszusagen. Kennzahlen wie das KGV bilden Daten aus der Vergangenheit ab, die Kurse und der Kursverlauf entstehen aber durch Erwartungen der Zukunft.

Deswegen heißen Börsenhändler nämlich auch Spekulanten, nach dem lateinischen speculare=spähen.

Blasen erkannt man eigentlich nur, wenn man den gesunden Menschenverstand einschaltet. In der DotCom - Blase hatten kleine Internetklitschen ohne Substanz den Börsenwert solider Großunternehmen mit riesigen Sachwerten, was jedem einleuchten musste, dass da etwas nicht stimmt. Die meisten mit Marktteilnehmer mit Hirn sind dann viel zu früh ausgestiegen und regen sich heute noch drüber auf.
Die amerikanische Immobilienblase war noch leichter zu erkennen. Aber nur für diejenigen, die wussten, woher die booemnde Wirtschaft und die immense Liquidität mit den nie gesehenen Renditen herkam. Für den normalen Kleinanleger unmöglich.
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dieter
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Lieber Joerg,
deshalb sollte man sich bei Aktien zurückhalten. Leider habe ich Telekom-Aktien, die ich gekauft habe, als ein bekannter Schauspieler sie empfohlen hat. :evil: :twisted:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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dieter hat geschrieben:Lieber Joerg,
deshalb sollte man sich bei Aktien zurückhalten.
Und genau das ist der Fehler. Aktien sind eine Beteiligung am Wirtschaftswachstum und als langfristige Anlage zu sehen. Dann werden Kursschwankungen minimalisiert und die Rendite ist in dann ich einem ganz anderen Rahmen.
P.S.
Die deutsche Skatbank hat erstmals negative Zinsen für Guthaben von 500.000€ herausgegeben. :mrgreen: Ohne Risiko kann man heutzutage keine gewohnte Rendite erzielen. Wie schreibt eine Fondsgesellschaft: "Das Leben ist zu kurz, um noch länger auf steigende Zinsen zu warten." :D
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Marek1964
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Es gilt vor allem eins: Diversifikation. Ein guter Investmentfonds, niemals Aktien eines Unternehmens allein kaufen. Klumpenrisiko. Auch wenn ein Schauspieler dafür wirbt... oder dann erst recht misstrauisch sein.
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Triton
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Unternehmen mit hoher Dividendenrendite kann man auch sehr ruhig kaufen, fällt nämlich der Kurs weiter, steigt die Rendite und zieht wieder Käufer an.
Bei Fonds sollte man sich die Verwaltungskosten anschauen. Wer auf Index-Papiere setzt, geht auch wenig Risiko, dafür brauchts auch keinen Fonds-Manager.
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Barbarossa
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dieter hat geschrieben:...
Leider habe ich Telekom-Aktien, die ich gekauft habe, als ein bekannter Schauspieler sie empfohlen hat. :evil: :twisted:
Dieser "bekannte Schuspieler" hat genau diese Aktien aber auch gekauft und hat sie auch heute noch zu liegen - als Selbstbestrafung, immer wenn sie ihm in die Hände fallen, wie er in einem Interview selbst sagte.
:wink: :mrgreen:
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
Schreib auch du deine Meinung! Nur kurz registrieren und los gehts! ;-)
Cherusker
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Triton hat geschrieben:Unternehmen mit hoher Dividendenrendite kann man auch sehr ruhig kaufen, fällt nämlich der Kurs weiter, steigt die Rendite und zieht wieder Käufer an.
Bei Fonds sollte man sich die Verwaltungskosten anschauen. Wer auf Index-Papiere setzt, geht auch wenig Risiko, dafür brauchts auch keinen Fonds-Manager.

Man sollte vielleicht da auch eher auf einen Dividendenfonds sich ausrichten, da dadurch das Risiko deutlich minimiert wird. Siehe Beispiel Telekom. :mrgreen: Und ein guter Fondsmanager erzielt ein besseres Ergebnis wie es ein Index vorgibt. :wink:

Am besten ist noch ein internationaler Mischfonds (Aktien, Rentenpapiere, Immobilien, Rohstoffe,...), der auch noch ein Risikomanagement besitzt. Da ist man dann auch vor Börsencrash und ihren Auswirkungen besser geschützt und kann langfristig eine stetige Wertentwicklung erwarten. Zwar nicht die Superrenditen, dafür aber auch keine Superverluste. :wink:
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