Expansion der Araber- was waren die Gründe?

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Re: Expansion der Araber- was waren die Gründe?

von Kartoffelbre » 27.11.2022, 12:35

Kann jemand bitte die Gründe für den Erfolg der islamisch/arabischen Expansion zusammenassen?

Re: Expansion der Araber- was waren die Gründe?

von Paul » 10.07.2016, 00:49

Die Expansion der Araber hatte mehrere Aspekte. Sie expandierten nicht nur militärisch. Sie konnten die anderen semitischen Bevölkerungen auch relativ leicht assimilieren z.B. die aramäischsprachigen, die ja sehr weit verbreitet waren. Über das bisherige semitische Verbreitungsgebiet breiteten sie sich vor allem in Afrika aus z.B. in Berbergebieten und der Sahelzone.

Re: Expansion der Araber- was waren die Gründe?

von Peppone » 02.11.2014, 17:35

Prof.Breuer spricht von den "kleinen Heeren" der Araber.
Das war es, was mich eigentlich immer an der arabischen Expansion fasziniert hat. Nicht, dass sie weltgeschichtlich gesehen mow "über Nacht" passiert ist, sondern dass sie mit verhältnismäßig wenigen Leuten über die Bühne ging, die noch dazu nicht immer einig waren (Ali/Hussein). Die waren dann aber - auch, aber nicht nur wegen ihrer neuen Religion - militärisch so überlegen, dass sie die damaligen Groß- und Mittelmächte eine nach der anderen überrollen konnten. Die Expansion über das nähere Umfeld Arabiens hinaus konnte dann aber nur weiter gehen, weil man aus den unterworfenen Völkern Hilfstruppen hatte.

Beppe

Re: Expansion der Araber- was waren die Gründe?

von ehemaliger Autor K. » 29.10.2014, 10:59

Mein früherer Arbeitskollege, Prof. Breuer, hat in seinem Buch „Imperien der Alten Welt“, Stuttgart 1987, auch die Expansion der Araber beschrieben. Ich fasse seine Argumente kurz zusammen.

Die Einigung Arabiens, die Schaffung des islamischen Staates und der Aufstieg zum Weltreich sind ohne die Prophetien Mohammeds nicht zu erklären. Er begründete den monotheistischen Glauben an den allmächtigen Schöpfergott, der den tribalen Polytheismus ersetzte, schuf die Voraussetzung für den Grundstein der islamischen Gemeinde (Umma), die den Bruch mit der tribalen Solidarität verlangte und gründete die Voraussetzung für eine Zentralisierung der politischen Macht innerhalb der Umma, da Mohammed die absolute politische und religiöse Herrschaft in der Gemeinde beanspruchte und durch setzte. Der Islam war zudem keine Stammesreligion mehr, sondern galt, zumindest theoretisch für die ganze Welt. Jeder konnte ihm beitreten, die Macht der Gemeinde konnte also unbegrenzt wachsen durch neue Anhänger.
Voraussetzungen für den Sieg des Islam waren:

1. Mekka befand sich zurzeit von Mohammed in einer schweren Krise. Es gab schroffe Gegensätze zwischen armen und reichen Clans. Mohammed hat die Gegensätze nicht aufgehoben, aber in eine Form gebracht, in der sie sich bewegen konnte. Er attackierte die reiche Oberschicht, warf ihnen Ausbeutung und Wucher vor. Gegen den schrankenlosen Egoismus setzte er die Forderung nach Unterwerfung (Islam) unter das göttliche Gesetz. Gegen die Ungleichheit die egalitäre Glaubensgemeinschaft, gegen die Ausbeutung die Kooperation und die Pflicht, Almosen für die Armen zu geben. Durch diesen Akzent auf sozialen Ausgleich war der Islam zunächst in der ärmeren Bevölkerung populär. Doch Mohammed wollte keine Revolution, sondern eine Versöhnung zwischen Arm und Reich durch soziale Reformen.

Das vorislamische Mekka besaß nur primitive politische Organisationen. Diese bestanden aus einem Stammesrat der führenden Lineages. Mohammed setzte eine zentrale Autorität durch mit einem Erzwingungsstab und schuf damit die Grundlagen eines modernen Staates.

2. Mekka war als Handelsstadt völlig vom Fernhandel abhängig. Eine Besserung der wirtschaftlichen Lage war nur durch Sicherung der Fernhandelswege und Ausdehnung möglich, also durch Expansion. Die Grundlage dafür hatte Mohammed durch seinen neuen Staat geschaffen.

3. Der Islam bot die Möglichkeit, die zerstrittenen Beduinenstämme in Arabien zu einigen und in das kommerzielle System zu integrieren. Diese sollte dafür belohnt werden durch Beute. Die Lösung war also für die städtische Bevölkerung und die Menschen in der Wüste klar vorgegeben: Die militärische Expansion. Der Islam verwandelte sich laut Max Weber von einer eschatologisch inspirierten sozialethischen Reformreligion in eine „ständisch orientierte Kriegerreligion“.

Die kleinen Heere der Araber waren erfolgreich, weil sich die beiden Großreiche der damaligen Zeit, Persien und Byzanz, gegenseitig stark geschwächt hatten. Die von ihnen beherrschte Bevölkerung wehrte sich gegen die enorme Steuerbelastung und leistete kaum Widerstand gegen die Araber.

Diese waren auch so klug, die bestehenden Strukturen nicht zu verändern, sondern ließen sie unverändert und begnügten sich mit der politischen Vorherrschaft und einer mäßigen Besteuerung. Deshalb blieb ihre Macht stabil.

Sie hatten auch noch einen Vorteil gegenüber früheren Großreichen im Orient, wie denen der Assyrer, Babylonier usw. nämlich ihre Religion, den Islam. Dies war keine exklusive arabische Stamesreligion, sondern man konnte der Glaubensgemeinschaft beitreten. Durch den Übertritt wurde man Teil der herrschenden Klasse. Deshalb konnte die Religion eine große Anziehungskraft ausüben, zunächst vor allem auf die besiegte Oberschicht, weil sie eben nicht tribal ausgerichtet war. Die Vorherrschaft der Araber wurde im Laufe der Zeit auch durch die „neuen Moslems“ eingeschränkt, bzw. ersetzt.

Re: Expansion der Araber- was waren die Gründe?

von dieter » 29.10.2014, 10:31

Ihr Lieben,
es wird an dem neuen Glauben der Araber und ihre Fähigkeit sich als Reiter in Wüstengegenden gut bewegen können, gelegen haben. Dazu kam natürlich die Unfähigkeit von Byzanz und des Perserreiches. :wink:

Re: Expansion der Araber- was waren die Gründe?

von Barbarossa » 29.10.2014, 00:13

Ich möchte auch an dieser Stelle auf meinen Artikel "Das Wesen des Islam" verweisen, der auch die Hintergründe für die plötzliche Expansion etwas erhellt. Als Hintergrund ist tatsächlich die Entstehung des Islam zu sehen, der ursprünglich in seinem Wesen stark auf Expansion ausgerichtet war. Hier ein kurzes Zitat:

>> Einerseits war der Islam als Religion durchaus auf Expansion orientiert, denn nach dem ursprünglichen Verständnis der Muslime war die Welt zweigeteilt: Dem sogenannten "Haus des Islam", dem "dar al-islam" stand ein "Haus des Krieges", das "dar al-harb" gegenüber, was die Aufforderung einschloß, die Nichtmuslime zu bekämpfen. So war es nicht verwunderlich, daß die Araber gleich nach der Entstehung dieser Religion zu einer enormen Expansion übergingen und mit dem Arabischen Kalifat ein riesiges Weltreich schufen, welches sich auf seinem Höhepunkt (etwa um 750) von den Grenzen Indiens bis einschließlich der spanischen Halbinsel erstreckte. Mohamed oder auch Muhammad (um 570-632) war es, der den Islam als monotheistische Religion schuf und damit ein Pantheon von etwa 300 Gottheiten allein in Mekka durch einen einzigen Gott ablöste. Seit dieser Zeit glauben die Muslime an den einen "Gott", der in arabischer Spache "Allah" heißt, und "Muhammad ist sein Prophet". Ihm wurde auch der Ausspruch zugeschrieben:

"In jeder religiösen Gemeinschaft gibt es ein Mönchtum; das Mönchtum meiner Gemeinschaft ist der dschihad." ...<<

Wem das Thema interessiert, sollte den ganzen Artikel lesen.

Re: Expansion der Araber- was waren die Gründe?

von Marek1964 » 28.10.2014, 22:52

Schon ein sehr interressantes Thema, das mich immer wieder fasziniiert hat, wie es denn möglich war, dass ein so rückständiges Volk in einer unwirtlichen Region sich aufschwingen konnte quasi über nacht zur Weltmacht für damalige Verhältnisse.

Dies wurde hier auch schon thematisiert, allerdings ist der Beitrag von Dietrich sehr umfassend, die anderen Diskussionen verweisen auf weitere ähnliche Themen auf dieser Webpage und anderswo.

geschichte-wissen.de/forum/viewtopic.php?f=55&t=4582&

Leseerfahrungen zum Koran:
http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... f=3&t=4174

Dort habe ich das geschrieben:

"Immerhin dürften aber die Moslems zum Zeitalter des Aufschwungs ihrer Religion offener auch gegenüber anderen Denkweisen gewesen sein als heute oder die Christen zur Zeit der Kreuzzüge, zumindest habe ich das so begriffen, bin aber in diesem Thema nicht sehr stark. "

Der Aufschwung und Expansion - war also doch eine Art Kombination militärischer Stärke aber auch Pragmatismus und Wissensdurst, also auch Fähigkeit, von anderen Kulturen zu lernen. Dies mal eher so als These in die Runde geworfen denn als feste Meinung.

Interessant auch die Tatsache, dass offenbar das byzantinische Reich so "verfettet" war, dass es eine hohe Steuerlast forderte, wogegen also selbst die Kopfsteuer beschieden ausfiel. Interessant.

Expansion der Araber- was waren die Gründe?

von Dietrich » 28.10.2014, 18:25

Noch um 600 lebten im Süden der arabischen Halbinsel nur arabische Wüstenstämme, die halbnomadisch mit ihren Tieren durch die Wüste zogen - sie führten ein karges, entbehrungsreiches Leben, fern der Kultur. Wenige Jahrzehnte später überschwemmten arabische Heere ganz Vorderasien, wenig später Ägypten, Nordafrika und Westasien bis zum Indus. Wie konnte es dazu kommen?

Bei der Expansion der Araber in Vorderasien und Nordafrika greifen mehrere Komplexe ineinander. Die rasche Eroberung weiter Gebiete ist vor allem auf die Schwäche von Byzanz und die Faszination des neuen Glaubens zurückzuführen.

Gegen die Perser im Osten konnte sich Byzanz nicht durchsetzen, nur mit ungeheuren Tributen an das Sassanidenreich konnten noch schwerere Verluste vermieden werden. Beide Reiche zermürbten sich gegenseitig so sehr, dass sie dem Ansturm der Araber im 7. Jh. nur wenig entgegensetzen konnten. An der oströmischen Westgrenze erschienen zudem Langobarden in Italien und Slawen auf dem Balkan, sodass Byzanz angesichts dieser zahlreichen Gegner nicht in der Lage war, den Arabern erfolgreich Widerstand zu leisten.

Nach der entscheidenden Niederlage der Byzantiner gegen ein arabisches Heer im Jahr 636 am Jarmuk leisteten sie in Vorderasien und Nordafrika keinen ernsthaften Widerstand mehr. So konnten die Araber nahzu ohne Gegenwehr 635 Syrien und den Irak, 638 Jerusalem, 639/41 Ägypten und 643/47 Libyen und Tripolis besetzen.Talentierte arabische Feldherren hat es sicher gegeben, aber nur im Verbund mit der Schwäche der beiden vorderasiatischen Großmächte - Byzanz und persisches Sassanidenreich - und der Anziehungskraft des Islam war eine so rasche Eroberung des Vorderen Orients in rund 30 Jahren möglich.

Die Heere der Araber hatten auf jeden Fall eine große Durchschlagskraft, was sie in mehreren gewonnen Schlachten gegen byzantinische Truppen bewiesen. Hinzu kommt aber noch ein anderer wesentlicher Faktor: Die Araber kämpften für ein religiöses Ideal - den Islam - der ihnen im Koran das Wohlwollen Allahs zusicherte, wenn sie Krieg gegen Ungläubige führen würden.

Hinzu kommt, dass viele Völker und Stämme unter byzantinischer Herrschaft nicht gerade glücklich waren, da sie - wie sich zeitgenössischen Quellen entnehmen lässt - oftmals von Steuereintreibern bis aufs Blut ausgepresst wurden. Die muslimischen Araber wurden daher vielfach sogar als Befreier vom byzantinischen Steuerjoch gesehen und wenn eine Region erst fest in arabischer Hand war, behandelten die Araber die christliche Bevölkerung meist sehr tolerant. Sie durften ihren Glauben weiter ungehindert ausüben und mussten lediglich eine Kopfsteuer zahlen, die unter der vormaligen byzantinischen Besteuerung lag.

All diese Faktoren wirkten zusammen und so ist es zu erklären, dass die ohnehin brüchige byzantinische Herrschaft in Vorderasien und Nordafrika innerhalb weniger Jahrzehnte zusammenbrach und von Arabern übernommen wurde. Erstaunlicherweise breitete sich auch die arabische Sprache rasch aus und die Ägypter vollzogen z.B. in relativ kurzer Zeit einen kompletten Sprachwechsel - und das nach einigen Jahrtausenden eines selbstständigen ägyptischen Idioms. Lediglich die Kopten bewahrten noch einige Jahrhundert das Ägyptische als Sakralsprache, bis auch das als gesprochene Sprache im 17. Jh. endete. Wo allerdings eine starke, lebendige Volkskultur blühte, konnte sich zuweilen die autochthone Sprache gegenüber dem Arabischen durchsetzen. So z.B. im Gebiet des einstigen Perserreichs.

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