So nach und nach verblassen die Erinnerungen an die Zeit des Krieges in Berlin. Und mit der Schließung des Tempelhofer Flughafens ist auch für einen großen Teil der Geschichte die Tür zugegangen. Wenn man vom Flughafen Tempelhof spricht, kommt einem natürlich auch gleich die Luftbrücke ins Gedächtnis. Dazu gehört auch eine fliegende Legende, nämlich die Douglas DC-3, der Rosinenbomber. Sie ist ein Denkmal, und Denkmäler müssen erhalten werden. Darum haben wir heute den Piloten Frank Hellberg im European Circle-Interview.

European Circle: Mit dem Rosinenbomber gab es vor einem Jahr eine Notlandung. Was ist an dem Denkmal, der fliegenden Legende, damals zerstört worden?

Hellberg: Bei der Notlandung sind aufgrund des Triebwerksausfalls die Tragflächen sehr stark in Mitleidenschaft gezogen worden und einige – sagen wir mal – nicht tragenden Teile, sondern die Fahrwerke und die Triebwerke. Dementsprechend ist das Luftfahrzeug nicht mehr einsatzfähig, hat aber trotzdem nach wie vor die Zulassung. Mit dieser Notlandung sind wir natürlich einerseits in eine Situation gekommen, dass wir das Luftfahrzeug nicht einsetzen können, aber trotzdem diese Möglichkeit haben, dieses Luftfahrzeug wieder aufzubauen. Denn es ist tatsächlich die letzte noch fliegende DC-3, ein Zeitzeuge, der an der Luftbrücke teilgenommen hat. Ich denke, dass es ein wichtiger Fakt ist, dass wir die Maschine nicht einfach auf den Schrott stellen, sondern sie wieder aufbauen.

European Circle: Es ist ja gar nicht so einfach, Ersatzteile für die Maschine zu bekommen. Deswegen fliegen Sie jetzt sogar extra nach England, um sich dort einen ähnlichen Typ anzuschauen und zu sehen, welche Teile Sie dort noch gebrauchen können.

Hellberg: Nun ist die Maschine natürlich schon sehr alt. Die Luftbrücke ist auch schon eine Zeit her. Aber genau deshalb muss man natürlich viel suchen, man kann da nicht irgendwas ranstecken sozusagen. Man muss ein Luftfahrzeug dieser Klasse einfach mit zertifizierten Teilen aufbauen. Ein zertifiziertes Teil würde zum Beispiel von einem Luftfahrzeug, was noch eine europäische Zulassung hätte, benutzbar sein, und da sind wir in Coventry fast fündig geworden.

European Circle: Jetzt gibt es eine Spendenkampagne vom Verein Rosinenbomber e.V. Wie sieht es denn überhaupt bei den Berlinern aus? Wollen die helfen, spenden die fleißig? Wie ist die Bereitschaft, diese Legende Berlins zu erhalten?

Hellberg: Sehr groß muss ich sagen. Es ist nicht nur ein Berliner Thema, es ist auch ein weltweites Thema. Nach der Notlandung haben uns aus der ganzen Welt Emails erreicht, die Leute haben gesagt „Ihr müsst diese Maschine unbedingt wieder aufbauen“. Wenn man ins Internet geht, sieht man von Neuseeland über China bis Brasilien und natürlich die USA etwas über unsere Maschine, über den Rosinenbomber von Berlin. Als lokales Thema von Berlin heißt es: die Berliner wurden damals sozusagen von dem Rosinenbomber gerettet, auch von genau dieser Maschine. Deshalb ist es wichtig, dass wir ihn jetzt retten. Da stehen die Berliner natürlich komplett hinter uns. Wir sehen das natürlich auch am großen Medieninteresse und dem internationalen Interesse, was da jetzt auf uns zurollt. Wir wollen es nun ganz schnell schaffen.

European Circle: Man kann nicht nur per SMS spenden, sondern auch per Onlinespende und ganz normaler Banküberweisung. Alle Informationen dazu findet man auch auf Ihrer Internetseite.

Hellberg: Genau, unter www.rosinenbomber.de und natürlich der Slogan, der für uns ganz wichtig ist, www.rettet-den-rosinenbomber.de. Dort sind alle Möglichkeiten des Spendens zu sehen. Wir freuen uns, dass man uns auf diesem Weg unterstützt, denn wir brauchen die Unterstützung auch. Gehen wir mal davon aus, dass die Maschine in England dort, wenn wir verhandeln, vielleicht um 100.000 bis 200.000 Euro kosten wird, dann die anderen technischen Maßnahmen, die dort durchgeführt werden sollen – dazu brauchen wir Werften, dazu brauchen wir technische Unterstützung, und das ist leider nicht einfach so zu haben. Wir brauchen also die Spendenunterstützung der Berliner.

European Circle: Wie viel Geld ist denn ungefähr angepeilt für die Reparatur?

Hellberg: Wir haben in der ersten Analyse, die wir gemacht haben, eine Größenordnung von ca. 1 Mio. Euro, die wir benötigen, um das Luftfahrzeug aufzubauen. Wir werden dies aber teilweise auch durch Sachspenden realisieren – die Maschine muss ja dann von Berlin zur Werft transportiert werden – da geht es dann ganz einfach um ein Schwerlast-Transportunternehmen, wo der Rumpf der Maschine raufgepackt wird und in Köln dann wieder zusammengesteckt wird. All diese Dinge kann man natürlich auch mit Sachspenden realisieren. Aber wichtig ist natürlich auch jeder Euro, denn dieses Denkmal soll und muss wieder über Berlin fliegen. Es gibt keine bessere und keine schönere Situation als dieses Luftfahrzeug in die Zukunft zu führen, nämlich auf den neuen Großflughafen hier in Berlin, dort wo Berlin jetzt wieder fliegen wird. Da haben wir den größten Teil der humanitären Luftbrücke, nämlich den Rosinenbomber, der dabei war.

European Circle: Was würde der Berliner Geschichte und Berlin fehlen, wenn dieser Rosinenbomber nicht repariert würde?

Hellberg: Stellen Sie sich vor, diese Luftbrücke war die größte humanitäre Luftbrücke der Welt. Sie hat den Berlinern sozusagen geholfen, zu überleben. Und eine ganze Welt hat uns geholfen. Einerseits ist es ein wichtiger Fakt für uns Berliner, dass wir das jetzt in Ehren halten und das auch in die Zukunft bringen. Und dann müssen wir sagen, wir haben mit dieser Maschine hier in Berlin über eine Mio. Gäste geflogen. 1 Mio. Gäste, die diese Story, diese Sache erlebt haben. Wir haben diese Geschichte entstaubt und haben gesagt: guckt mal, wie man tatsächlich zusammen arbeiten kann, wie man sich helfen kann und wie man in die Zukunft schauen kann. Und eine der schönsten Bilder sind ja diese Schokoladen, die aus den Rosinenbombern fallen und die Kinder, denen es damals sehr schlecht ging, und die das als ihre Freiheit und ihre Zukunft gesehen haben. Ich glaube, es ist schön, wenn man sagen kann: damals hat er uns gerettet – jetzt retten wir ihn.

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